5 Verarbeitungsmöglichkeiten im Umgang mit konfliktträchtigen Situationen

Heute Nachmittag steht „Meeting mit mir“ im Kalender.

Ich genieße nach dem langen Lockdown, einen Nachmittag im Freibad. So leer, wie auf dem Foto, ist es heute nicht. Genüsslich liege ich auf der Sonnenliege und bekomme unfreiwillig ein Gespräch von zwei Schwimmerinnen mit:
„Ja, die Leute sind einfach rücksichtslos, schwimmen direkt auf einen zu.“ Die Freundin bekräftigt die Aussage: „Ja und erst recht, wenn sie rückwärts schwimmen, schauen sie nicht auf Andere!“

Sie befinden sich gerade im kritischen Eltern-Ich-Modus, darauf gehe ich ein anderes Mal ein.

20 Minuten später entscheide ich mich dafür, mich abzukühlen. Inzwischen ist es recht voll im Wasser, so dass an eine eigene Bahn nicht mehr zu denken ist. Jetzt heißt es ausweichen und Rücksicht nehmen.
Sie ahnen es schon: eine der beiden Schwimmerinnen kann sich eine weitere Bemerkung in meine Richtung nicht verkneifen: „Jetzt wird es aber wirklich eng!“

Meine Reaktion darauf?
Wenn Sie mögen, kommen sie mit auf meine Reise der Verarbeitungsschritte mit einem unerwarteten Ergebnis:

Verarbeitungsschritt 1:
Ich bemerke meinen Unmut: Meine Güte, was glauben die Beiden denn, sollen sich andere Schwimmer in Luft auflösen? So ist das nun einmal, wenn es voll ist. Ggrrr….
Ich schweige und…

beobachte meine Gedanken und Gefühle.

Verarbeitungsschritt 2:

Ich versuche es mit Mitgefühl und Empathie.

Die beiden Frauen sehen aus, als wenn sie Mütter wären. Bestimmt haben sie eine anstrengende und nervenaufreibende Zeit hinter sich. Homeschooling, der eigene Beruf und natürlich auch die eigene emotionale
Belastung durch die Pandemie.
Mein anfänglicher Unmut wird kleiner.

Verarbeitungsschritt 3:

Jetzt gehe ich in die Analyse-Phase:
Welches Bedürfnis/welche Bedürfnisse der Schwimmerinnen werden vermutlich nicht erfüllt?

Nach meiner Erfahrung werden Menschen unentspannt, wenn ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Sie empfinden Stress und reagieren anders als wenn sie entspannt sind.
Meist ist es ihnen nicht bewusst, welche Bedürfnisse genau gerade verletzt werden. Denn, sonst würden sie sich ja für die Erfüllung derer einsetzen und nicht ihrem Unmut, mit verallgemeinernden Aussagen über Schwimmer, Luft machen.

Also, welche Bedürfnisse könnten bei der Schwimmerin dahinter stecken? Natürlich bin ich mir bewusst, dass es reine Vermutungen sind.

Schwimmerin

Das Bedürfnis nach Distanz könnte eines sein – in Pandemie-Zeiten absolut nachvollziehbar.

Das Bedürfnis nach Autonomie und Freiheit: My Home is my Castle. Meine Bahn ist MEINE – ich will
bestimmen, wer hier rein darf.

Das Bedürfnis nach Ruhe und Frieden: Ich will endlich wieder entspannt sein.

Meine Bedürfnisse 

Das Bedürfnis nach Respekt, Toleranz und direkter Kommunikation: Bei Unstimmigkeiten direkt mit

der Person in Kontakt treten und die Botschaft nicht allgemein in die Luft werfen und darauf warten, ob sie jemand auffängt (stelle gerade fest, das wäre auch eine Möglichkeit gewesen – einfach den Ball nicht auffangen).

Das Bedürfnis nach Verständnis: ja es ist voll, dennoch können wir das Schwimmen genießen mit Rücksichtnahme auf den Anderen (Wir-Denken).

Das Bedürfnis nach Ruhe und Frieden: Das ist mir ebenfalls wichtig – da haben wir eine Gemeinsamkeit.

Ich denke: Beate, du bist ein Analyse-Junkie und fange innerlich an zu grinsen (ok, Berufskrankheit).

Verarbeitungsschritt 4:

Charme-Offensive: Wie wäre es, wenn du der Schwimmerin ein charmantes Lächeln schenkst?

Verarbeitungsschritt 5:

Was fällt dir positiv an ihr auf?

Sie hat wirklich Ausdauer. Sie schwimmt schon länger als 40 Minuten.

Mein Unmut ist inzwischen völlig abgeklungen. Ich entscheide mich für die Charme-Offensive.
Wir begegnen uns und ich schenke ihr ein echtes, sympathisches Lächeln.

Bei der zweiten Begegnung kommt es zurück mit einer Bemerkung der Schwimmerin:
„Ist das Wasser nicht klasse heute? Ich komme kaum raus aus dem Wasser!“

„Ja, sie sind ja auch schon recht lange im Wasser, sie haben wirklich Ausdauer! Fette Anerkennung!“

Kurz darauf schwimmt sie an den Rand und wünscht mir, mit einem Lächeln, noch einen angenehmen Tag!

Ich frage mich: Wie wäre es wohl gelaufen, wenn ich ihr meine ersten Gedanken und Gefühle entgegengebracht hätte?

Wenn du ebenfalls Interesse an der Verbesserung deiner Selbstkenntnis oder dir weitere Handlungsalternativen in Konfliktsituationen wünschst, sende mir gern eine persönliche Nachricht an: kontakt@beate-gutke.de

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